Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.

Kapitel 4: Die Flucht von Melissa Klein Teil 1

 

 

Als sie nach einer ziemlich kurzen Fahrt in ihrer vier Häuserblöcke entfernten Wohnung ankam, packte sie alle wichtigen Sachen die sie für ihr spontanes Verschwinden brauchte zusammen und tat sie in eine große schwarze Reisetasche. Anschließend zog sie ihre schwarze Trauerkluft aus (die sie ganz nebenbei bemerkt seit der vorletzten Beerdigung trug) und schlüpfte in ein vollständig rotes Outfit. Sie fand sowieso das ihr die Farbe rot besser stand als schwarz. Sogar die Schuhe waren rot. Ihre gefälschten Papiere und die dazugehörigen Autoschlüssel begleiteten sie natürlich in ihre roten Klamotten. Nachdem sie endlich mit dem Umziehen fertig war ging sie in die Küche, griff hinter den Kühlschrank und holte aus diesem leicht zu findenden Versteck eine ziemlich große Flasche hervor. Sie öffnete dieselbe und goß einen Teil des Inhalts (dabei handelte es sich übrigens um Cognac) in ein Glas. Sie trank das Glas in einem Zug aus, um sich durch den Alkohol nach all der Aufregung wieder etwas beruhigen zu können. Melissa trank zwar hin und wieder auch zum Spaß Alkohol, aber wenigstens rauchte sie keine Zigaretten und nahm keine Drogen. Außer als Jack Liefers ihr gegen ihren Willen dieses Serum verabreicht hatte. Sie stellte das Glas weg und schrieb eine kurze aber vielsagende Nachricht an ihre geliebten Eltern, in der folgendes stand:

 

Ich habe etwas sehr schreckliches getan.

Etwas wegen dem ich ziemlich lange im Gefängnis landen werde, wenn ich nicht so schnell wie möglich verschwinde.

Ich kann leider nicht von mir behaupten das mir leid tut was ich getan habe, denn es war etwas was ich zu diesem Zeitpunkt einfach tun musste.

Aber es tut mir furchtbar leid das ich euch deswegen jetzt verlassen muss.

Und es tut mir furchtbar leid das wir uns vielleicht nie wiedersehen werden.

Doch mir bleibt keine andere Wahl als mein Heil in der Flucht zu suchen.

Ich will auf gar keinen Fall ins Gefängnis gehen, denn die Zustände in diesen Löchern sind wirklich furchtbar.

Also gibt es wie gesagt keine andere Alternative als die Flucht; zumindest keine vernünftige.

Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen das ich euch einfach so verlassen musste.

Ihr denkt jetzt vielleicht das ich vor meinen Problemen davonlaufe, aber ich bin genau genommen nur schlau genug nicht hierzubleiben.

Vielleicht sehen wir uns ja wieder wenn das Verbrechen das ich begangen habe vor den Augen des Gesetzes verjährt ist.

Aber ich glaube nicht das dieses Verbrechen jemals verjährt, weshalb wir uns in diesem Leben auch bestimmt niemals wiedersehen werden.

 

Und diesen vermeintlich ewigen Abschied bereue ich zutiefst. 

Ich liebe euch wirklich von ganzem Herzen.

Mama & Papa, ich wünsche euch alles Glück dieser Welt.

Bitte passt gut auf euch auf, denn die Kriminalitätsrate in der Hauptstadt unseres geliebten Vaterlandes steigt von Jahr zu Jahr.

Glaubt mir bitte, denn ich weiß aus erster Hand wovon ich rede.

Eure euch über alles liebende Tochter Melissa

 

Nachdem sie diese letzte Nachricht an ihre geliebten Eltern gut sichtbar auf den Küchentisch gelegt hatte, verließ sie das Haus in dem sie die letzten 16 Jahre ihres Lebens verbrachte. Sie sah sich noch einmal mit traurigem Gesichtsausdruck zu ihrem ehemaligen Zuhause um und stieg anschließend in ihr Auto. Die schwarze Tasche mit ihren wichtigsten Sachen legte sie vorsichtig auf den Beifahrersitz. Sie weinte während der langen Fahrt durch die dunkle Nacht, weil sie Frank und ihr Zuhause für immer verloren hatte. Doch ihr blieb keine Zeit um traurig zu sein, denn sie hatte für ihr endgültiges Verschwinden noch ein paar äußerst wichtige Vorbereitungen zu treffen. Und diese Vorbereitungen sollten damit beginnen, dass sie ihre alte Grundschulfreundin Anja Weißer besuchte. Anja hatte ihr für eine ganz bestimmte Summe die ersten falschen Papiere (Führerschein & Co.) für ihren Wagen gegeben. Und nun brauchte Melissa eine völlig neue Identität von ihr. Das werte Fräulein Weißer war eine Profifälscherin. Und Melissa wußte ganz genau das Anja ihr genau deshalb diese neue Identität problemlos besorgen konnte. Als sie schließlich bei ihrer Freundin klingelte, dauerte es etwas bis diese persönlich an der Haustür erschien. Das Haus war übrigens ein Einfamilienhaus, das der Familie Weißer schon seit Jahrzehnten gehörte. Sozusagen Privatbesitz. Anja’s Eltern waren so gut wie nie da, weshalb ihre Tochter in aller Ruhe ihren illegalen Geschäften nachgehen konnte. Melissa erklärte ihr ihre komplizierte Situation bis ins letzte Detail und Anja war sofort damit einverstanden ihr bei ihren Problemen zu helfen. Natürlich nur gegen einen ziemlich hohen Bargeldbetrag (sie nahm selbstverständlich nur Bargeld), den Melissa in weiser Voraussicht mitgebracht hatte. Da die Fälscherin vollstes Verständnis für die Lage ihrer Freundin hatte, dachte sie erstmal eine Weile darüber nach, ob sie ihr Rabatt geben könnte. Und sie entschied sich dafür zur Abwechslung nicht bei ihren Standardpreisen zu bleiben und ihr ausnahmsweise Rabatt zu geben. „Also gut. Du brauchst zur Sicherheit natürlich zwei neue Nummernschilder für dein rotes Auto. Außerdem brauchst du einen nagelneuen Führerschein, neue Fahrzeugpapiere und neue Ausweise; darunter natürlich einen Personalausweis. Diese Ausweise beweisen Leuten die du noch nichtmal kennst wer du bist. Oder besser gesagt wer du nicht bist. Dann brauchst du natürlich noch Abschlußzeugnisse der neunten und zehnten Klasse, falls du dir einen Job suchen willst, oder so etwas in der Art. Natürlich werde ich dort nicht den Namen der Robert S. Klein Realschule hineinschreiben. Das versteht sich von selbst. Und um ganz sicherzugehen brauchst du noch eine nagelneue Geburtsurkunde in der du selbstverständlich drei Jahre älter bist, da man einen Führerschein hierzulande ja erst ab 18 haben darf. Und keine Sorge; ob du nun 16 oder 19 Jahre alt bist: Wenn die Papiere stimmen, fällt das niemandem auf. Das alles wird in etwa bis morgen früh dauern. Ich werde vielleicht neben dem Alter auch dein Aussehen verändern müssen. Aber zuerst solltest du dein Auto in meine Garage fahren.“, erklärte Anja.

Melissa fuhr ihr Auto in die kleine Garage und zahlte Anja anschließend die Summe, die sie bereits eine Sekunde nach der Schließung des Garagentors verlangt hatte. Melissa musste Anja ganze 1.200 Euro in Bar für ihr grandioses Fälschertalent und für die anfallenden Materialkosten bezahlen. Aber eine neue Identität, oder besser gesagt ein neues Leben, ist streng genommen unbezahlbar. Doch 1.200 Euro waren trotzdem ziemlich viel dafür. Und dabei hatte Anja ihrer Freundin noch Freundschaftsrabatt gegeben, obwohl jeder andere Fälscher wahrscheinlich viel mehr verlangt hätte. Die Fälscherin schlug ihrer Kundin vor sich ersteinmal schlafen zu legen, während sie sich um die zu erledigende Arbeit kümmerte. Melissa legte sich auf eine Couch im Wohnzimmer und schlief nach kürzester Zeit ein. All die vergangenen Ereignisse hatten sie soviel Kraft gekostet, dass sie wirklich erleichtert war sich etwas ausruhen zu können und deshalb einen ziemlich tiefen und festen Schlaf ausübte. Anja warf während ihrer Arbeit hin und wieder einen ziemlich besorgten Blick auf ihre auf dem weichen Sofa schlafende Freundin. „Ich hoffe wirklich von Herzen das sie es schafft wieder heil aus dieser gefährlichen Situation raus zu kommen, in die sie sich da rein geritten hat. Aber wenn sie durch irgendwelche unglücklichen Umstände doch von den Behörden erwischt wird, dann liegt es mit Sicherheit nicht an den von mir gefälschten Papieren. Denn die werden wie immer perfekte und undurchschaubare Fälschungen sein. Bisher ist es keinem Polizisten gelungen, die von mir gefälschten Papiere als Fälschungen zu entlarven. Und das wird ihnen auch in Zukunft nicht gelingen, denn schließlich ist es ihnen meineswissens noch nie gelungen. Und daran wird sich in Zukunft auch bestimmt nichts ändern. Meine Fälschungen sind perfekt, waren immer perfekt und werden immer perfekt sein. Dafür werde ich schon sorgen, denn schließlich ist das der Job einer guten Fälscherin. Und auch der Job einer guten Freundin; was meiner Meinung nach genau das ist, was die gute Melissa jetzt in ihrer Situation am aller nötigsten braucht. Wie heißt es so schön? Zeig mir deine Freunde und ich sag dir wer du bist. Freunde... Ich bin mir sicher sie vermißt Frank. Aber es ist besser wenn ich sie nicht darauf anspreche. Und so wie ich sie kenne, wird sie wegen seinem Tod nur sehr wenig und sehr selten weinen und hauptsächlich innerlich um ihn trauern und ihren Schmerz vor sich selbst und vor der Welt für immer tief im inneren ihrer Seele verbergen.“, dachte die geniale Fälscherin, während ihre überaus geschickten und talentierten Hände bereits dabei waren mit Höchstgeschwindigkeit den nagelneuen Führerschein für ihre Grundschulfreundin/Lieblingskundin zu fälschen.

Und sie würde ihn selbstverständlich so fälschen, das kein Polizist der Welt jemals in der Lage wäre ihn als Fälschung zu entlarven und deshalb seine zukünftige Besitzerin mal ebenso festzunehmen.

 

 

Als die flüchtige Melissa Klein am Dienstagmorgen völlig verschlafen auf der Couch aufwachte, hatte die fürsorgliche Anja ihr bereits ein ordentliches Frühstück mit allem drum und dran gemacht. „Mach dir keine Sorgen. Dieses Frühstück ist natürlich im Preis inbegriffen.“, sagte sie und lächelte Melissa aufmunternd an.

Und nachdem sie auf Kosten ihrer Freundin ausgiebig gefrühstückt hatte, zeigte die Fälscherin ihr die bereits angebrachten neuen Nummernschilder an ihrem heißgeliebten Wagen. Ihre alte Autonummer war B-CC 3456 gewesen. Und ihr neue lautete B-ND 6731. Anschließend zeigte sie ihr die vielen nagelneuen Papiere. Sie waren ausgestellt auf den Namen Susanne Beck. Melissa war in diesen Papieren drei Jahre älter, sowie sie es beim letzten Mal auch war, als Anja ihr die Papiere für ihren Wagen erstmals gefälscht hatte. Diesmal wurde natürlich ein anderer Name in die Papiere eingebaut, weil man aus Sicherheitsgründen niemals zweimal denselben benutzen sollte (die alten und somit nutzlosen Papiere von Melissa Klein alias Katharina Knecht wurden übrigens zerstört. Sie fielen unter die Kategorie Spuren, die vernichtet werden mussten). „Alles was du jetzt noch für dein neues Leben brauchst sind ein paar neue Paßfotos für deine vielen verschiedenen Papiere. Dazu sollten wir aber zur Sicherheit dein Äußeres so gut wie möglich verändern. Schließlich kann ich nicht zulassen das man dich erwischt. Es ist die heilige Pflicht einer Freundin solche Risiken augenblicklich zu beseitigen. Also sollten wir dein Aussehen zur Sicherheit wirklich ein klein wenig verändern. Es ist bestimmt besser so, denn immerhin wollen wir beide nicht das du von den vermeintlichen Freunden und Helfern des gemeinen Volkes zufällig erwischt wirst.“, wurde der flüchtigen Verbrecherin von ihrer Fälscherfreundin höflich vorgeschlagen.

Melissa war selbstverständlich sofort damit einverstanden. Da ihre Freundin aber keine Chirurgin war, färbte sie ihr nur die hübschen blonden Haare schwarz. „Das spezielle Färbemittel hält übrigens maximal drei Monate. Danach musst du deine hübschen blonden Haare wieder neu färben, wenn du von den Behörden dauerhaft unentdeckt bleiben und nicht erwischt werden willst. Du kannst dir natürlich auch eine andere Haartracht zulegen, aber dann musst du während einer Führerscheinkontrolle behaupten du hättest dir die Haare gefärbt. Aber als Blondine kannst du nicht mehr rumlaufen. Nie wieder.“, riet sie ihrer Lieblingskundin.

Nachdem die schwarz gefärbten Haare endlich trocken waren, machte Anja Weißer schnell die neuen Paßfotos und arbeitete sie mit ihren flinken Händen auf geschickte Weise in die dazugehörigen Papiere ein. Anschließend gab sie ihrer Freundin die neuen Papiere und sagte aufmunternd zu ihr:„Genieße dein neues Leben Susanne Beck, die du nun den Platz von Melissa Klein eingenommen hast. Ich hoffe wirklich von Herzen daß du deinen Spaß hast Süße. Wenn es jemand verdient hat davonzukommen, dann du. Also dann. Leb wohl und viel Glück.“

Die beiden Freundinnen umarmten sich noch kurz zum Abschied und als die Fälscherin Anja Weißer die Garage geöffnet hatte, fuhr Susanne Beck aus ihr heraus in ein neues und vielleicht sogar besseres Leben, dass sie mit ein klein wenig Glück vielleicht sogar in vollen Zügen genießen konnte. Natürlich würde das nur zutreffen, wenn sie sich nicht von der Polizei erwischen ließ. Aber sie würde selbstverständlich die Augen offenhalten und aufpassen das sie auch ja niemandem auffiel.

 

 

Zuerst fuhr sie von der gewöhnlichen Straße aus auf die mehrspurige Autobahn. In Berlin kannten sie zu viele Leute. Selbst mit gefärbten Haaren würden sie die meisten wiedererkennen, was sie natürlich nicht riskieren konnte. Als sie auf der Autobahn war, dachte sie kurz darüber nach wo sie nun eigentlich hinwollte:„Wo könnte ich hinfahren? Nach Hamburg? Nach Bremen? Nach München? Nach Warschau? Nach Kiel? Nach Erfurt? Oder vielleicht nach Danzig? Nein. Ich denke, ich fahre ins gute alte Hamburg. Hamburg ist bekanntlich wunderschön, dort gibt es meineswissens..., na ja auf jeden Fall ist diese uralte Hafenstadt ein ziemlich interessanter Ort. Es wird sich mit Sicherheit lohnen dort hinzufahren. Und falls ich zufällig Lust habe diesem wunderbaren Land irgendwann mal den Rücken zu kehren, verschwinde ich einfach mit Hilfe eines Schiffes. Das wäre auch nicht zu verachten, denn ich war noch nie auf einer Kreuzfahrt. Was sagte dieses coole Mädchen aus dem Film „Mein erster Mord“ nochmal? Es ist wichtig im Leben möglichst viele erste Erfahrungen zu machen. Und vielleicht besuche ich unterwegs noch ein paar altmodische Kleinstädte. Für mich wären das bestimmt schöne erste Erfahrungen, denn immerhin habe ich meine Heimatstadt bis jetzt so gut wie nie verlassen und daher noch fast gar nichts von meinem geliebten Heimatland gesehen. Ich könnte also etwas Zeit totschlagen, indem ich die deutsche Kultur hier und da vielleicht ein wenig studiere. Wieso eigentlich nicht? Ich hatte ja früher nie die Zeit gehabt mir mein wunderschöne Heimatland genauer anzusehen. Jetzt kann ich endlich alles tun, was ich schon in meinem Leben immer tun wollte. Das sollte ich auf jeden Fall uneingeschränkt ausnutzen.“

Sie bog an einer Abzweigung rechts ab und fuhr zusammen mit hunderten anderen Autos in Richtung Hamburg. Eine halbe Stunde später hatte sie die Stadtgrenze von Berlin überquert und fuhr durch das Bundesland Brandenburg. Dann passierte ihr etwas unvorhergesehenes: Sie steckte plötzlich mit hunderten anderen Autos in einem gigantischen Stau fest. Im Radio wurde angesagt von wo bis wo der Stau anhielt und wo der nächste begann, weshalb sie spontan beschloß einen größeren Umweg zu machen. Ohne zu zögern verließ sie mit ihrem Wagen die Autobahn und fuhr nicht mehr nach Norden, sondern nach Westen. Sie würde nun nicht mehr den kürzeren Weg zur Hafenstadt Hamburg nehmen, sondern den längeren. Dieser war dafür wenigstens nicht mit Autounfällen und Stauen überseht. Wie heißt es so schon? Der längere Weg ist oft der sichere. Und ihr war selbstverständlich auch klar, dass diese Fahrt ohnehin mehrere Stunden dauern und da es bald Mittag war, sie möglicherweise den ganzen Tag die scheinbar endlos lange Autobahn entlang fahren würde. Und das stand bereits fest bevor sie in diesen Stau geraten war, was bedeutete das diese Fahrt sowieso viel länger dauern würde als sie eigentlich dauern sollte. Also müsste sie unterwegs in irgendein kleines aber feines Hotel gehen, um etwas zu essen und ein wenig zu schlafen, weil sie diese lange Fahrt sonst mit Sicherheit nicht unbeschadet überstehen würde. Mit der Deutschen Bahn wäre sie wahrscheinlich schneller gewesen. Aber sie wollte ihr heißgeliebtes Auto auf gar keinen Fall aufgeben, denn schließlich hatte sie dieser schicke Wagen eine ordentliche Stange Geld gekostet. Und es war für sie sehr schwer gewesen die ganze Kohle zusammen zu klauen, die sie gebraucht hatte um den teuren Wagen zu bezahlen. Rückblickend betrachtet war es wesentlich schwieriger gewesen, als es ehrliche Arbeit jemals hätte sein können. Doch dafür hatte Melissa beim klauen wenigstens ihren Spaß gehabt. Und zum Glück wurde sie bei ihren zahlreichen Raubzügen so gut wie nie von den Hütern des Gesetzes erwischt, die sowieso meistens mit viel wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen waren. Und während der wenigen Male bei denen sie Pech gehabt hatte und doch erwischt wurde, bekam sie nicht allzuviel Ärger, denn sie war damals noch nicht vorbestraft gewesen. Aber sie hätte richtige Probleme bekommen, wenn es den damals zuständigen Beamten zufällig gelungen wäre die Sache mit dem Wagen und den gefälschten Papieren herauszukriegen. Natürlich hätte Melissa Klein alias Susanne Beck ihre Freundin Anja Weißer nicht verraten (wegen der ganzen Papiere, die sie schon damals für sie gefälscht hatte), aber dafür wäre sie dann selbst eine ganze Weile wegen Urkundenfälschung im Gefängnis gelandet. Und dann wäre die gute Anja Weißer ihrer Freundin eine ganze Menge schuldig gewesen. Aber dazu ist es ja sowieso nicht gekommen, da über den Wagen zum Glück nichts rausgekommen war. Man sollte sich eben keine Sorgen um ungelegte Eier machen, sondern sich erstmal um die anstehenden Probleme kümmern. Und dann sollte man sich um die neuen Probleme kümmern, die sofort auftauchen nachdem man es endlich geschafft hat die alten Probleme irgendwie zu lösen. 

 

 

Während Susanne Beck langsam mehr oder weniger in die Richtung fuhr, in der die alte Hansestadt Hamburg sich schon seit etlichen Jahrhunderten befand, hatten ein paar aufmerksame Nachbarn längst die Leiche von Thomas Liefers jüngerem Bruder in seinem selbst eingerichteten Folterkeller gefunden. Der Zufall wollte eben daß diese aufmerksamen Nachbarn den Toten drei Minuten nach der Flucht von Melissa Klein/Susanne Beck aus dem Folterkeller fanden (also kurz nachdem sie ihren Entführer ermordet hatte). Die Berliner Polizei konnte wegen seinen vielen Schlampereien (bei den vier Morden die er in so kurzer Zeit begangen und bei denen er immer irgendwie und irgendwo Fingerabdrücke hinterlassen hatte) und Melissas zeitweiliger Unachtsamkeit bei der Sache mit der Axt (ihre bei der Polizei registrierten Fingerabdrücke waren bekanntlich darauf), den Fall langsam aber sicher in der richtigen Rheinfolge zusammensetzen. Einem jungen und stets uniformierten Kommissar namens Christian Robert Edward Edgar Schubert (der mit einigen anderen Beamten neu zu diesem/n Fall/Fällen hinzugezogen wurden war) gelang kurz nach der Jack Liefers Tatortuntersuchung, durch ihn und die vielen Kollegen von der Spurensicherung, als erstem der lang erwartete große Durchbruch. Er war unter den etwa 210 Beamten, die diese ganze Sache irgendwie untersuchten, der erste und einzige gewesen der eine gute und plausible Erklärung für die vielen Morde im Umfeld der berüchtigten Robert S. Klein Oberschule zusammengestellt hatte. Und diese Theorie musste er mehreren ranghohen Polizeibeamten in einem großen Konferenzzimmer im Berliner Polizeihauptquartier vortragen. Das heißt eigentlich musste er ihnen gar nichts vortragen. Aber sie mussten ihm widerwillig zuhören. Doch er war nun einmal der einzige der behauptete den Fall gelöst zu haben und die hohen Tiere wollten endlich Ergebnisse sehen, da es ihnen tierisch auf die Nerven ging das sich so viele Ermittler mit diesen tödlichen Ereignissen rund um die Robert S. Klein Realschule beschäftigten. Kommissar Christian Schubert‘s raffinierte Theorie lautete wie folgt:„Professor Thomas Liefers brachte Anton Bar um. Daraufhin wurde dieser Professor von Anton Bar’s bestem Freund und seinen drei Komplizen ermordet, wobei diese Truppe von Verschwörern vermutlich einige recht clevere Tricks anwandten. Einer dieser Tricks war die Sache mit dem Magneten, von der wir durch Zufall erfahren haben. Diese vier Verschwörer jedenfalls waren Frank von Regensburg, Jan Romes, Tony Coaster und Franz Fenster. Irgendwie hat der Bruder des Professors, ein gewisser Jack Liefers all das herausgefunden, weshalb er gestern Frank, Jan, Tony und Franz getötet hatte. Doch Frank von Regensburg hatte eine Freundin namens Melissa Klein. Und die hat kurze Zeit später Jack Liefers mit einer Axt umgebracht. Bestimmt wußte sie das einer von den vier Verschwörern Professor Thomas Liefers getötet hat und die anderen ihm dabei geholfen hatten. Und sie wußte mit Sicherheit auch wer von diesen Verschwörern den tödlichen Schlag ausgeführt hatte. Vermutlich hat Jack Liefers die Namen der Mörder seines Bruders so schnell herausgekriegt, weil er mit Hilfe ganz spezieller Foltermethoden Melissa Klein in seinem Keller irgendwie zum Reden gebracht hat. Das läßt sich alles durch verschiedene Spuren beweisen, von denen übrigens zahlreiche vorhanden sind. Bei besagten Spuren handelt es sich unter anderem um Fingerabdrücke von Melissa in der Folterkammer und um Fingerabdrücke von Jack Liefers an allen Tatorten, an denen er gestern getötet hat. Melissa jedenfalls steckte da wohl auch irgendwie mit drin und wahrscheinlich hat Thomas Liefers jüngerer Bruder das auf irgendeine mir und den anderen Beamten nicht bekannte Weise herausgefunden. Ich vermute mal, dass dem werten Herrn Liefers die minimal vorhandenen Ungereimtheiten in Melissas Aussage über den Mörder seines älteren Bruders verdächtig vorgekommen waren. Der Killer hat wohl irgendwie herausgefunden dass das Licht im Haus seines Bruders niemals ausgeht und Melissa irgendwie irgend etwas anderes behauptet hat. Anschließend musste er einfach nur zwei und zwei zusammenzählen. Daraufhin wurde sie von ihm entführt und in seinem Folterkeller vermutlich mit Hilfe von einem veraltetem Wahrheitsserum befragt, woraufhin sie ihm bestimmt alles erzählte was sie unseren Kollegen verschwiegen hatte. Davon können wir ausgehen, weil im Blut von F. v. R. ebenfalls Rückstände dieses Serums gefunden wurden. Das legt die Vermutung nah, dass Jack Liefers es möglicherweise auch bei Melissa in seiner Folterkammer eingesetzt hat... Außerdem trug er eine Spritze und eine Flasche mit den Resten des Serums mit sich herum. Jack hat Frank also befragt und ihn getötet, nachdem er wußte was er wissen wollte. Und als J. L. dann von seinem mörderischen Rachefeldzug wiederkam, wollte er Melissa Klein auch noch töten. Doch sie kam ihm wie wir ja wissen zuvor. Ob sie ihn nun absichtlich ermordet hat, oder ob es Totschlag, Affekt oder Notwehr war... nun ja, darüber kann man streiten. Immerhin hatte Jack Liefers eine Walther TP Taschenpistole in der Hand, als Melissa ihm die Axt in den Rücken gerammt hatte. Aber selbst wenn es Notwehr war, würde man sie nach ihrer Festnahme wegen einer anderen Straftat belangen. Wegen der Mitwisserschaft im Mordfall Thomas Liefers. Aber natürlich ist die gute Melissa Klein jetzt spurlos verschwunden. Ich an ihrer Stelle wäre nach alledem wahrscheinlich auch „spurlos verschwunden“. Aber was soll‘s. Es gibt noch ein paar unklare Details in diesem merkwürdigen Fall: Zum Beispiel wie der Professor das mit seinem Alibi gemacht hat und was mit der Waffe passiert ist, mit der er später ermordet wurde. Und natürlich interessiert mich die Frage, um was für eine Waffe es sich eigentlich handelte. Aber das kriege ich früher oder später auch noch raus. Ich habe zu diesen beiden unbekannten Faktoren bereits ein paar Vermutungen, die allerdings nicht allzu leicht beweisbar sind. Aber so oder so ist diese eben von mir erklärte Theorie die einzig logische, die diese aus unserer Sicht vorhandene Beweislage zuläßt. Und wenn man etwas darüber nachdenkt, ist es für jeden gut geschulten Beamten ziemlich offensichtlich das ich mit meiner Theorie richtig liege. Oh ja, da ist noch etwas. Es gab in derselben Nacht, in der Professor Thomas Liefers ermordet wurde, einen Mord an einem jungen Mann namens John Kartei. Diesen Mann konnten unsere Leute ziemlich schnell identifizieren, weil er wegen mehrfachen Raubes vorbestraft ist. Er wurde in der Nähe einer Bushaltestelle gefunden und über ein paar Umwege kann man mit diesem und anderen Nachtbussen zum Haus von Thomas Liefers und zum Haus von Frank von Regensburg fahren. Möglicherweise hat der Mörder des Professors auch diesen Mann getötet, als dieser zufällig versucht hat ihn auszurauben. Vermutlich war seine brutale Ermordung kein Mord, sondern Notwehr. John Kartei ist wie gesagt ein mir und allen anderen nicht gerade unbekannter Räuber, der laut meinen Informationen ziemlich schnell gewalttätig werden kann. Tja, damit wäre dann wohl im großen und ganzen alles geklärt. T. Liefers tötete Anton. Frank, Jan, Tony und Franz töteten T. Liefers und zufällig auch noch J. Kartei. J. Liefers tötete Frank, Jan, Tony und Franz. Und Melissa tötete J. Liefers, den ich ganz nebenbei gesagt für einen gestörten Irren halte, der noch gestörter ist als sein gestörter Bruder. Außer dem ersten wurden alle Morde aus Rache verübt, einem der sieben Tatmotive, die meistens zutreffen wenn ein Mensch einen anderen tötet. Was das Motiv für den ersten Mord war..., nun darüber kann man nur spekulieren. Aber es ist unwahrscheinlich das es dabei auch um Rache ging, sowie in den anderen Fällen. Der eine hat sich sozusagen für die Rache des anderen gerächt. Es war ein regelrechter Strudel der Rache. Aber egal. Nun müssen wir nur noch die zur Zeit flüchtige Melissa Klein finden, um diesen spektakulären Fall endgültig abzuschließen. Und wenn wir sie dann irgendwann haben, kann dieser faszinierende Fall gelöst zu den Akten gelegt werden.“

Das war ungefähr der Vortrag, den Kommissar Christian Schubert vor etwa 20 ranghohen Kollegen gehalten hatte. Und sie waren tatsächlich ausnahmslos überzeugt von der ihnen vorgetragenen Theorie, obwohl sie ihn nur für einen Neuling hielten, der einen Glückstreffer gelandet hatte. Aber sie waren immerhin so überzeugt von der Theorie, dass sie ihm die vermeintlich ehrenvolle Aufgabe zuwiesen die gesamte Bundesrepublik Deutschland nach der flüchtigen Melissa Klein abzusuchen. Natürlich würde nebenbei jeder andere Beamte im Land auch die Augen offen halten und die Zeitungen präsentierten selbstverständlich halbwegs aktuelle Fotos der Gesuchten. Aber er hatte die offizielle Aufgabe sie zu suchen und war damit der zuständige Beamte in diesem aufsehenerregenden, aus mehr oder weniger zufällig hervorgerufenen Kettenreaktionen bestehenden Fall. Sobald also jemand anrief und sagte er habe die Flüchtige gesehen, mussten er hinfahren und die dort zuständigen Beamten bei den anstehenden Ermittlungen und der Festnahme unterstützen (natürlich hatte dieser Fall Vorrang und er durfte inzwischen an nichts anderem mehr arbeiten). Anschließend würde Schubert die Flüchtige in die Hauptstadt begleiten. Er war nun der Leiter der Ermittlungen in diesem von ihm selbst fast vollständig gelösten Fall. Die Augen der Öffentlichkeit waren damit auf ihn gerichtet und jeder würde gespannt abwarten was er tun würde. Aber jedem seiner Kollegen war klar das Schubert bei einer derartig wichtigen Sache etwas Hilfe brauchte. Und deshalb stellten ihm seine Kollegen großzügigerweise einen frisch von der Polizeischule gekommenen Kriminalbeamten (der sich übrigens auch im Rang eines Kriminalkommissars befand und glücklicherweise auch ein bißchen etwas von seinem Job verstand, da er genau wie alle anderen die Polizeiakademie absolviert hatte) namens Vincent „das Fragezeichen“ Schuber als Partner zur Verfügung. Dieser war sogar während Kommissar Schubert’s lehrreichem Vortrags über den Fall anwesend, aber er war vermutlich nicht allzu aufmerksam gewesen. Der ein oder andere Leser wird sich jetzt sicherlich fragen, wieso man Vincent den Spitznamen „das Fragezeichen“ gegeben hatte. C. Schubert jedenfalls würde es sehr bald erfahren. Kommissar Vincent Schuber war erst seit ungefähr drei Monaten bei der Berliner Polizei als Kommissar im Dienste der Mordkommission tätig und noch relativ unerfahren in der Praxis. „Das Fragezeichen ist noch ziemlich grün hinter den Ohren und stellt viele überflüssige Fragen. Deshalb haben sie ihm während der Ausbildung auch diesen Spitznamen gegeben. Aber es ist besser vorher zu fragen, als am Ende alles falsch zu machen. Außerdem beherrscht er mehrere Fremdsprachen, was das ganze wieder irgendwie ausgleicht. Und Schubert beherrscht gar keine Fremdsprache. Die beiden passen also im Grunde genommen perfekt zusammen. Kommissar Schubert hört sich selbst gern reden und Kommissar Schuber fragt ziemlich viel. Sie werden ein gutes Team sein, auch wenn diesem Schuber das Polizeisystem gefällt und Schubert meineswissens wesentlich weniger davon hält. Aber das kann ihm weiß Gott keiner wirklich übel nehmen.“

„Wahrscheinlich werden ihn die vielen Fragen des Fragezeichens am Anfang nerven, aber er wird sich mit der Zeit schon daran gewöhnen. Ich bezweifle allerdings das die beiden es jemals schaffen werden die flüchtige Melissa Klein zu finden..., obwohl dieser Christian Schubert meineswissens schon ein paar Fälle gelöst hat.“

„Er hat Maschinengewehr Max geschnappt. Er hat Küchenmesser Karl geschnappt. Er hat den Bierflaschenmörder geschnappt. Und er hat den Typen erwischt, der aus irgendeinem Grund eine Leiche in einem Schließfach am Bahnhof deponiert hat. Also hat er bisher vier Fälle bearbeitet und dies ist nun sein fünfter Fall. Ob er diesmal auch Erfolg hat, sowie bei den anderen Fällen? Wer weiß. Vielleicht schafft er es ihn zu lösen, aber vielleicht auch nicht.“

„Und bei seinen ersten vier Fällen hat er keinen Partner gehabt. Er war meineswissens sowieso immer der Meinung gewesen, dass ein Einzelgänger wie er keinen Mitarbeiter brauchte. Der Mann ist bis jetzt ziemlich gut ohne einen Helfer klargekommen und er ist mit Sicherheit der Meinung, dass es so auch weiterhin gut funktionieren würde. Aber unsere Vorgesetzten teilen ihm einen Partner zu und er muss sich eben damit abfinden. Ob er will oder nicht.“

„Und nun muss der einsame Wolf wohl oder übel das beste daraus machen.“

„Übrigens. Für die ersten drei Verbrecher die er geschnappt hat, hat sich so weit ich weiß irgendwer irgendwann Spitznamen ausgedacht und beim vierten hat man es wohl vergessen. Schubert hat es eigentlich immer für überflüssig gehalten, das diese Leute Spitznamen bekommen hatten. Aber er wurde nicht gefragt, obwohl er all diese Fälle eigenhändig bearbeitet und gelöst hatte.“

„Und das hat er wirklich hervorragend gemacht. Man kann also nicht behaupten das er nichts drauf hätte. Nicht jeder Kommissar hätte diese vier Fälle lösen können.“

„Der gute hat mir erzählt, dass er sie schon irgendwie schnappen würde. Und dann könnte er einen weiteren gelösten Fall in seine Statistik eintragen, womit er dann alle seine Fälle vollständig gelöst hätte.“

„Ich hab übrigens auch gehört, dass er am Anfang einer Ermittlung immer optimistisch ist und felsenfest davon ausgeht den Täter dingfest zu machen. Jedesmal hat er vorausgesagt, das er den Täter erwischen würde. Und jedesmal trat besagte Voraussage ein. Doch irgendwann wird auch er mal scheitern. Auch wenn er ein noch so guter Polizist ist.“

„Aber soweit ich weiß kann er sich Gesichter nicht sonderlich gut merken. Nicht gerade vorteilhaft, wenn man eine flüchtige Verbrecherin suchen soll. Aber vielleicht schafft es dieser Kommissar ja trotzdem sie irgendwie zu erwischen.“

„Das mit den Gesichtern stimmt. Er hat es mir mal selbst erzählt. Aber dafür soll er ein erstklassiger Schütze sein und mit seiner Waffe jedes denkbare Ziel treffen können, was er meineswissens auf unseren Schießständen auch des öfteren bewiesen hat.“

„Trotzdem ist er meiner Meinung nach auf einer Skala von eins bis zehn eine gute und solide acht.“

„Diese vier Fälle waren übrigens die einzigen Mordfälle, die er bisher bearbeitet und gelöst hat. Abgesehen von diesem hier natürlich, zu dem man ihn meineswissens erst kurz vor dem letzten Mord hinzugezogen hat. Vermutlich wird dieser Fall als Robert Stacy Klein Oberschulen Mordfall in die Annalen der Kriminalgeschichte eingehen.“

„Wenigstens wird dieser aufsehenerregende Fall endlich als ein Fall anerkannt, was eigentlich schon viel früher hätte passieren sollen.“

„Aber das hier ist bestimmt eine Nummer zu groß für ihn und seinen neuen und ersten Partner. Er wird Melissa nie finden. Genau genommen stellen wir ihn dadurch nur auf ein Abstellgleis, von dem aus er keine anderen Fälle bearbeiten kann. So verschwenden wir also genau genommen nur sein Talent, da es irgendwie sinnlos ist nur zwei Leute mit der Jagd nach einer Verbrecherin zu beschäftigen. Nicht sonderlich clever von unseren Bossen. Was genau das soll, weiß ich aber auch nicht.“

„Vor der Presse wird er von uns wahrscheinlich als Aushängeschild benutzt um etwas anzugeben und unseren Ruf zu verbessern, was aber auch irgendwie dazu führt das er währenddessen keine anderen Fälle bearbeiten kann.“

„Er wird sich mit seinem neuen Partner dummerweise für eine halbe Ewigkeit nur mit der Flucht von Melissa Klein beschäftigen und irgendwann von diesem Fall abgezogen werden, ob er gelöst ist oder nicht. Und die beiden werden danach aufs Geratewohl einem neuen Fall zugeteilt werden.“

„Selbstverständlich wird der gute Kommissar seinen neuen Partner am Ende behalten, ihn lieben und ehren, bis das der Tod sie scheidet.“

„Oder bis einer von ihnen in Pension geht.“

So ungefähr sah das Gerede der Kollegen aus, das hinter den Rücken der beiden Kommissare nach und nach die Runde machte. Der Polizeichef und seine wichtigsten Berater waren aber tatsächlich der Meinung das die beiden Beamten von nun an jeden ihrer Fälle gemeinsam bearbeiten sollten. Außerdem hofften sie darauf, dass die beiden Kriminalbeamten es schafften den Fall zu lösen. Und auch Kommissar Vincent Schuber ging von einem positiven Ende im Sinne des Gesetzes aus. „Keine Sorge. Ich werde ihnen nach besten Kräften dabei helfen die flüchtige Verbrecherin zu finden. Ich denke, dass es uns doch möglich sein müsste ein 14jähriges Mädchen zu finden. So gerissen ist keiner, dass er der Polizei ohne Probleme dauerhaft durch die Lappen gehen kann. Sie wird uns bestimmt nicht entkommen.“, war die Meinung von Kommissar Vincent Schuber gewesen, als er den ehrenvollen Auftrag erhielt, während sein neuer Partner gelassen daneben stand.

Das erste was Kommissar Schubert zu seinem neuen Partner ruhig und gelassen sagte, waren die eindrucksvollen Worte:„Melissa Klein ist 16 Jahre alt, nicht 14. Das sollten sie aber schon wissen, wenn sie mir nach besten Kräften dabei helfen wollen die Flüchtige so schnell wie möglich zu finden. Ich hoffe solche Fehler unterlaufen ihnen nicht öfter. Wir haben hier einen wirklich wichtigen Fall zu lösen, bei dem wir uns vermutlich so gut wie keine Fehler erlauben können.“

Dann schüttelten sich Kommissar Schubert und sein neuer Kollegen, höflich wie sie nun einmal von ihren Eltern erzogen worden waren, die mit Handschuhen überzogenen Hände. Allerdings war der ranghöhere und dienstältere Kommissar aus der Landeshauptstadt wie erwartet etwas genervt von der Tatsache bei diesem äußerst wichtigen und aufsehenerregenden Fall nicht allein arbeiten zu dürfen, sowie er es bei seinen Ermittlungen sonst immer gewohnt war. Aber wie heißt es so schön? Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und bekanntlich bricht niemand gerne einen dauerhaft eingegangenen Bund mit seinen alt eingesessenen Gewohnheiten, mit der er eine halbe Ewigkeit lang gut klar gekommen ist. Aber Kommissar Christian Schubert würde es schon irgendwie schaffen den Bund mit seiner Gewohnheit zu brechen und sich an die neue Situation zu gewöhnen.

 

 

Ungefähr im selben Moment, als die beiden Kommissare ihre Partnerschaft besiegelten und mit der Suche nach ihr begannen, fuhr Susanne Beck über eine große Brücke, die ihr und vielen anderen Reisenden dabei half die Elbe mit dem Auto zu überqueren. Der kleine aber dennoch nervtötende Stau, in den sie kurz zuvor zufällig geraten war, hatte sich nach kürzester Zeit aufgelöst und Susanne hatte natürlich sofort Vollgas gegeben, um ihr weit entferntes Ziel rechtzeitig zu erreichen und noch vor Anbruch der Dunkelheit eine sichere Unterkunft zu finden. Doch das würde sich schwierig gestalten, denn sie war von Hamburg noch sehr weit entfernt. „Wenn ich ein Segelboot hätte, könnte ich von hier aus bis zur Hafenstadt Hamburg fahren, aber mit dem Auto ist diese kleine Reise auch nicht schlecht. Etwas anderes bleibt mir sowieso nicht übrig, da Flughäfen und Bahnhöfe viel zu streng bewacht werden. Aber das ist im Grunde genommen vollkommen egal. Anja hat jedenfalls recht: Ich sollte mein neues Leben genießen und am besten fange ich mit dieser Fahrt an. Sachsen- Anhalt ist bestimmt wunderschön. Vielleicht sehe ich mir da ein paar bekannte Sehenswürdigkeiten an; schließlich weiß ich das mich niemand zwingt sofort nach Hamburg zu fahren. Ich kann mein neues Leben beginnen wo immer ich will und hier und da ruhig den ein oder anderen Zwischenstopp einlegen. Das ist der Vorteil der Freiheit. Außerdem erreiche ich die Hafenstadt sowieso nicht vor Einbruch der Nacht.  Aber da fahre ich irgendwann trotzdem noch hin, denn von dort kann man im Notfall ziemlich schnell das Land verlassen, falls mir irgendwann keine andere Wahl mehr bleibt. Dort laufen an einem einzigen Tag in etwa 100 Schiffe oder mehr aus. Trotzdem genieße ich dieses Land noch etwas, bevor ich mich möglicherweise irgendwo niederlasse oder für immer verschwinde. Und es gibt in Sachsen- Anhalt bestimmt auch noch ein paar schöne Hotels, in denen ich zur Not übernachten und vielleicht sogar die Zeche prellen kann. Und durch Niedersachsen komme ich, wenn ich dieses Tempo halte, ja auch noch. Na ja, das Zeche prellen lasse ich vielleicht lieber, denn schließlich kontrollieren die Leute in den Hotels bestimmt meine gefälschten Papiere. Und dann müsste ich mir wegen ein paar Euro’s vielleicht wieder neue besorgen. Ich lasse das lieber, damit Susanne Beck auch ja nicht zur vorbestraften Verbrecherin wird. Aber egal. Selbst wenn sich meine kleine Reise etwas in die Länge zieht; ich habe genügend Geld dabei. Abzüglich der 1.200 Euro, die ich meiner Freundin Anja gegeben habe, bleiben mir noch genau 10.800 Euro. Das reicht fürs erste, denke ich mal. Und wenn ich dann irgendwann doch mal Geldsorgen habe... nun ja, niemand kann von mir behaupten das ich keine Brieftaschen klauen könnte. Aber ich werde erst wieder jemanden bestehlen, wenn mir das Bargeld ausgegangen ist. Niemand soll von mir sagen dass ich habgierig bin, denn das trifft auf mich nicht zu. Na ja vielleicht ein kleines bißchen..., aber ich würde es nie so weit treiben und für Geld einen Mord begehen. Das ist irgendwie barbarisch. Außerdem habe ich schon einen Mord begangen und ich finde daß reicht für dieses Leben. Aber technisch gesehen fange ich gerade ein neues Leben an..., doch ich begehe trotzdem nie wieder einen Mord. Das ist einfach nicht richtig.“, dachte die flüchtige Verbrecherin während der kurzen, aber dennoch eindrucksvollen Überfahrt über den drittgrößten Fluss der Bundesrepublik Deutschland.

Wenn man während besagter Überfahrt die Elbe betrachtete, bot sich einem ein wahrhaft überwältigender Anblick, den man sich wirklich nur schwerlich vorstellen kann. Auch die vor der Polizei flüchtende Melissa Klein alias Susanne Beck genoß diesen wundervollen Anblick. Zum Glück behielt sie dabei gleichzeitig den Verkehr halbwegs im Auge, weshalb sie Gott sei Dank auch keinen schweren Unfall verursachte. Bei so einer daraus folgenden Karambolage wäre sie entweder draufgegangen oder ziemlich schwer verletzt und von der Polizei erwischt worden, was aber glücklicherweise nicht passierte. So blieben vielen Menschen viele Probleme erspart. Und so durfte jeder hinfahren, wo er eben zur Zeit hinfahren wollte.

 

 

Wenige Stunden später fuhr S. B. in die große Stadt Wolfsburg hinein. Es war nicht von ihr geplant worden dort zu landen; sie hatte sich spontan entschieden gerade in dieser Stadt zu übernachten (spontane Entscheidungen verhindern ja logischerweise das man ihr allzu leicht auf die Spur kommen könnte). Sie hatte nun doch darauf verzichtet das Bundesland Sachsen- Anhalt und die dort vorhandenen kleinen Städte mit den vielen Sehenswürdigkeiten näher zu begutachten. Sie war ohne irgendeine nennenswerte Unterbrechung (abgesehen von diesem einen lästigen Stau) bis nach Niedersachsen durchgefahren. Es war bereits recht dunkel draußen, als sie in der Stadt der Wölfe ein recht prunkvoll aussehendes Hotel fand und dort für 80 Euro ein kleines aber feines Zimmer mietete. Dort würde sie übernachten und nach dem im Preis inbegriffenen Frühstück ihre mehr oder weniger abenteuerliche Fahrt zur legendären Hansestadt Hamburg fortsetzen. Nachdem sie im voraus die Rechnung bezahlt hatte, nahm sie sich ein Exemplar des Wolfsburger Abendblattes aus der Lobby mit auf ihr Zimmer und lass es dort aus purer Langeweile durch. Nachdem sie den Wetterbericht gelesen hatte, nahm sie sich die Leitartikel vor. Wie erwartet stand eine Menge über sie und die verschiedenen Vorgänge um ihre Person in der Zeitung. Natürlich war dort ein recht aktuelles Foto von ihr abgebildet, weshalb sie begann sich langsam aber sicher ernsthafte Sorgen zu machen. „Was ist wenn mich trotz meiner schwarz gefärbten Haare jemand durch Zufall erkennt. Das Foto ist ziemlich gut. Bestimmt haben sie es meinen Eltern abgenommen. Tja, sieht so aus, als müsste ich noch ein paar andere Vorsichtsmaßnahmen treffen. Besser wenn ich morgen nach dem Frühstück ein Kaufhaus suche und mir etwas Make-up kaufe. Sich noch etwas mehr zu tarnen, kann ja schließlich nicht schaden. Und danach verlasse ich Wolfsburg und fahre weiter nach Hamburg. Ich hoffe nur, dass ich in dieser fremden Stadt überhaupt ein Kaufhaus finde. Und falls das Make-up überhaupt nichts nützt, verschwinde ich einfach aus Hamburg mit Hilfe irgendeines Schiffes. Schiffe gibt es dort ja schließlich genug. Vielleicht fährt eines von denen in die neue Welt. Ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Nach Amerika. Zum Glück spreche ich fließend Englisch. Aber die Flucht auf einen anderen Kontinent nehme ich nur als allerletzten Ausweg, denn das wäre meiner Meinung nach eine doch etwas übertriebene Fluchtmaßnahme. Also im Höchstfall ein anderes Land, das hier in Europa liegt und nicht eine neue Welt wie Amerika. Dort würde ich mich vielleicht sowieso nicht wohl fühlen, denn immerhin geschieht dort statistisch gesehen alle zwei Minuten ein brutales Gewaltverbrechen. Und ich will diese Welt der Gewalt auf jeden Fall hinter mir lassen und mich aus so vielen Verbrechen wir möglich raushalten. Aber ich werde vermutlich selbst weiter jede Menge Verbrechen begehen: Diebstahl, Kauf von gefälschten Urkunden und so weiter. Aber ich werde niemals wieder jemanden umbringen. Ich schwör’s bei allem was mir heilig ist. Jemanden zu töten ist schon irgendwie ein furchtbares Gefühl. Und dieses schreckliche Gefühl will ich in meinem ganzen Leben niemals wieder durchmachen. Nie wieder.“, dachte Susanne Beck (die seit Ewigkeiten geltende Regel, die auf wirklich viele gemeingefährlichen Mörder zugeschnitten ist, die nach dem ersten Mord nicht aufhören können zu morden, traf auf Susanne Beck offensichtlich nicht zu. Sie war eben die Ausnahme, die besagte Regel bestätigte).

Nachdem sie den schier endlos wirkenden Artikel über die seltsame Verbrechensserie in Berlin mehr oder weniger vollständig gelesen hatte, fielen ihr ganz unten zufällig folgende Sätze auf:

                                                                                           

Die Ermittlungen in diesem spektakulären Fall leitet nun der neue Vorzeigebeamte der Berliner Polizei. Er ist ihr neues Aushängeschild. Sein Name ist Kommissar Schubert und er arbeitet mit seinem neuen Partner, einem gewissen Kommissar Schuber (siehe Foto oben, direkt neben dem Foto von Kommissar Schubert, das aufgenommen wurde als er gerade das Berliner Polizeihauptquartier verlassen wollte) zusammen, der erst seit drei Monaten den Beruf des Polizeikommissars ausübt. Die vielen mysteriösen Morde, die sich während kürzester Zeit im Umfeld der berühmt berüchtigten Robert S. Klein Oberschule ereignet haben, wurden von Kommissar Schubert bereits vollständig aufgeklärt. So ziemlich alle ungeklärten Fragen, die während den Ermittlungen in diesem Fall aufgetaucht waren, sind inzwischen von ihm geklärt worden und nun werden er und sein neuer Kollege persönlich Jagd auf die flüchtige Verbrecherin Melissa Klein machen, um den Fall endgültig abzuschließen. Um Kommissar Schubert wortwörtlich zu zitieren:„Wir werden die Flüchtige auf jeden Fall kriegen. Natürlich zählen wir voll und ganz auf die Hilfe der Bevölkerung. Aus diesem einfachen Grund wurde auch eine Belohnung auf sie ausgesetzt.“ Für Hinweise die zur Ergreifung der flüchtigen Melissa Klein führen wird von den Behörden eine Belohnung von 6.000 Euro angeboten. Wenn sie irgendwelche Hinweise zur endgültigen Aufklärung dieses Falles vorbringen können, rufen sie bei der Polizei an und sie werden mit Sicherheit nicht auf die Warteschleife gelegt. Alle neuen uns bekannten Fakten über diese mysteriöse Serie von seltsamen und furchtbaren Verbrechen finden sie auf den Seiten 5 bis 8.

 

„Dieser merkwürdige Kommissar will mich also erwischen? Blödsinn. Das schafft der nie. Mich haben zwar schon die ein oder anderen Polizisten beim klauen erwischt, aber damals war ich im wahrsten Sinne des Wortes noch unerfahren. Heute ist das anders: Ich kann undercover arbeitende Bullen und Privatschnüffler ohne Probleme entlarven. Ich wette der würde mich nichtmal aufspüren, wenn ich auf der Straße an ihm vorbeilaufen würde. Und falls ich doch erwischt werde, wird man mich höchstens ein paar Jahre in den Knast stecken, weil ich noch minderjährig bin und so weiter. Aber trotzdem gehe ich nicht ins Gefängnis. Ich lasse mich doch nicht einsperren. Da bin ich lieber den Rest meines Lebens auf der Flucht vor den Behörden. Das wird zwar ziemlich anstrengend werden, aber es ist immer noch besser als im Kittchen zu versauern. Auf diese Weise lerne ich wenigstens die große weite Welt kennen. Und wenn ich nur ein paar Länder oder Städte kennenlerne ist das auch egal. Das ist immer noch besser als gar nichts. Man muss eben nehmen, was man gerade kriegen kann.“, dachte die flüchtige Susanne Beck, während sie nebenbei noch einen kurzen aber dennoch durchdringenden Blick auf das dem Zeitungsartikel beigefügten Foto von den beiden Berliner Kommissaren namens Christian Schubert und Vincent Schuber warf.

Wenigstens kannte sie jetzt die Namen und die Gesichter ihrer beiden erbitterten Gegenspieler. Sie hoffte natürlich das sie den beiden Berliner Kommissaren niemals begegnen würde. Und es bestand tatsächlich die Möglichkeit, dass sie sich nie begegneten. In der Geschichte der Welt gab es schon etliche erbitterte Gegner, die sich Zeit ihres Lebens niemals begegnet waren: Wie zum Beispiel der legendäre Friedrich der Große (König von Preußen: 1712 – 1786) und die legendäre Maria Theresia (Kaiserin von Österreich: 1717 – 1780). Wie heißt es so schön? Das Leben ist ein Monumentalfilm. Die Großen der Geschichte sind die Regisseure, Gott ist der Produzent und wir sind die 6,8 Milliarden Statisten. Aber ob die Feindschaft dieser beiden großen Persönlichkeiten der Geschichte ein gutes Beispiel für diesen Fall ist..., na ich weiß ja nicht. Da dieser Artikel im großen und ganzen alles gewesen war, was Susanne Beck außer dem miserablen Wetterbericht zur Zeit interessierte und sie beides inzwischen fertig gelesen hatte, legte sie ihr Exemplar des Wolfsburger Abendblattes weg. Der Tag dauerte ihrer Meinung nach schon viel zu lange, weshalb sie sich in das Hotelbett legte und bereits nach wenigen Minuten einschlief. Sie würde sich morgen, also am Mittwoch um den Kauf des Make-up’s kümmern. Und vielleicht würde sie sich noch das ein oder andere zusätzliche Tarnungsutensil besorgen. Doch ersteinmal würde sie ordentlich ausschlafen, um am nächsten Tag ausgeruht zu sein. Zum Glück war ihr Hotelbett samtig weich, weshalb sie in dieser dunklen Nacht wenigstens tief und fest schlafen konnte.

 

 

Am darauffolgenden Tag, genauer gesagt am Mittwochmorgen wachte Susanne Beck erst um 12:02 auf, wie sie selbst durch einen Blick auf die an der Wand hängende Uhr feststellte. Sie hatte ihr kleines aber feines Hotelzimmer nur bis 13:00 Uhr gemietet. Und durch ihren langen Schlaf konnte sie ihr kostenloses Frühstück dummerweise vergessen. Aber das interessierte sie nicht wirklich, denn es gab gegenüber dem Hotel ein prunkvolles französisches Restaurant. Also verließ die flüchtige Kriminelle schnell ihr für eine Nacht gemietetes Zimmer, verabschiedete sich höflich wie sie nun einmal war von der freundlichen Empfangsdame (die ihr gestern Abend ihre bequeme Unterkunft zugeteilt hatte) und ging anschließend in das gegenüberliegende Restaurant. Sie ließ sich ihr verspätetes Frühstück schmecken, obwohl es wesentlich mehr kostete als es ihrer Meinung nach eigentlich wert war. Nachdem sie dem höflichen Kellner das ihm zustehende Geld plus entsprechendem Trinkgeld (insgesamt kostete sie der ganze Spaß 20 Euro) aus ihrer schwarzen Tasche gegeben hatte, verließ sie unauffällig das Lokal und stieg in ihren Wagen. Sie fuhr quer durch die Stadt der Wölfe und war nun endlich auf der Suche nach irgendeinem vielseitigen Kaufhaus. Dort gab es immer viele verschiedene Abteilungen und unter den vielen Menschen, die dort täglich irgendwelche Sachen einkauften oder vielleicht sogar manchmal mitgehen ließen, fiel sie bestimmt nicht weiter auf. Und zur Zeit hieß das oberste Gebot, an das sie sich aus für jeden leicht verständlichen Sicherheitsgründen halten musste, schlicht und einfach „Unauffälligkeit“. Und die flüchtige Susanne Beck würde ab jetzt so unauffällig wie möglich agieren, um den nach ihr suchenden Behörden ja nicht ins Netz zu gehen. Wenn man auf der Flucht ist, muss man wirklich raffiniert und gewitzt sein. Und man darf niemals die Fassung verlieren und muss immer ruhig und gelassen bleiben (dasselbe gilt übrigens für einen Polizisten).

 

 

Und wenn wir schon bei Polizisten, Ruhe, Raffinesse und Gelassenheit sind: Ungefähr zur selben Zeit saßen der Berliner Kommissar Schubert zusammen mit seinem Fragezeichen (Schubert und Schuber wußten übrigens gar nichts von diesem Spitznamen) in ihrem neuen gemeinsamen Büro. Daß heißt eigentlich war es Schubert’s altes Büro, aber er musste es sich nun mit seinem neuen Kollegen teilen. Doch der ranghöhere Kommissar hatte bereits nach kürzester Zeit beschlossen das beste aus dieser neuen Situation zu machen. Also machte er seinen Kollegen erstmal mit dem Fall vertraut. „Sehen sie mal her, Herr Schuber. Das hier ist eine vollkommen freie Leitung.“

Schubert holte ein kleines Handy aus seiner Hosentasche. „Das ist ein ziemlich altmodisches Handy.“, bemerkte Vincent.

Daraufhin erwiderte sein neuer Partner:„Ach kommen sie. Das spielt in diesem Fall doch wirklich keine Rolle. Und außerdem kommt sowieso alle zwei Wochen ein neues und besseres Handy auf den Markt. Dasselbe gilt auch für Computer.“

„Da haben sie auch wieder recht. Es werden immer wieder neue Geräte hergestellt, die den alten überlegen sind, was diese natürlich mehr oder weniger überflüssig macht.“

Kommissar Christian Schubert war froh, dass sich sein Kollege dieser Tatsache bewußt war. „Wenn irgendwer Melissa Klein sichtet, ruft er die Polizei. Und die durch diesen Anruf informierten Kollegen rufen mich auf diesem Handy an. Sie wird wegen Mordes gesucht, obwohl es sich auch um Totschlag, Affekt oder meinetwegen auch Notwehr handeln könnte. Was das betrifft sind sich die zuständigen Leute uneinig. Und da eine Belohnung auf diese flüchtige Verbrecherin ausgesetzt wurde, kriegen wir bestimmt irgendwann einen Anruf auf diesem Handy. Das jedenfalls ist der einzige Zweck dieses Gerätes. Und was wir dann tun müssen, ist ihnen wohl klar, oder?“, fragte Kommissar C. Schubert seinen neuen Kollegen.

Vincent Schuber war selbstverständlich klar was zu tun war. Sie würden im Falle des Falles hinfahren und Melissa suchen. Falls sie schon geschnappt worden war, würden sie das Mädchen nach Berlin bringen. „Gut. Das ist eigentlich alles, was sie über diesen Fall wissen müssen Vincent.“, sagte Schubert gelassen zu seinem neuen Kollegen.

„Sollte ich nicht etwas mehr über unseren Fall wissen? Ich meine, das meiste weiß ich nur aus den Zeitungen und die waren wie immer nicht gerade informativ. Es wurde viel zu viel spekuliert. Ich kenne zwar mehr oder weniger alle Details, aber sollte ich bei dieser Jagd nicht etwas mehr über die flüchtige Verbrecherin wissen?“

„Da haben sie natürlich recht Vincent. Also gut, ich werde sie in die ganze Sache vollständig einweihen. Sie haben es schließlich verdient alles über diesen Fall zu wissen, denn immerhin sollen sie mir dabei helfen, ihn so schnell wie möglich zu lösen.“, bestätigte Christian Schubert, während er langsam aber sicher seinen tragbaren Laptop aus einer unvorsichtigerweise nicht abgeschlossenen Schreibtischschublade holte.

Auf ihm befanden sich nicht nur alle Informationen über den Fall, sondern auch alle schriftlich festgelegten Daten über die vielen darin verwickelten Personen: Fotos, Lebensläufe, Zeugnisse, IQ Testergebnisse (obwohl man durch so etwas so gut wie nichts über einen Menschen erfahren kann) und etliche andere registrierte Daten. Vielleicht hätte Schubert sogar eine Liste mit vergleichbaren Fällen zur Verfügung haben können. Doch er war der Meinung das dieser Fall im großen und ganzen einzigartig war (sein Partner war übrigens derselben Meinung). Außerdem hatte er die Liste mit den größten Kriminalfällen aller Zeiten sowieso in seinem Oberstübchen gespeichert. Er schaltete den alten tragbaren Computer ein und Vincent blickte ihm neugierig über die Schulter. „Ich muss jetzt das Paßwort eingeben, damit ich überhaupt Zugriff auf meine Dateien habe. Vincent, tun sie mir doch bitte einen Gefallen und holen sie das zweite Buch von links, in der dritten Reihe von unten aus unserem Aktenschrank.“, bat er seinen Partner.

Kommissar Schuber tat natürlich, worum ihn sein Kollege gebeten hatte. „Meinen sie das Lustige Taschenbuch Nummer 2.?“, fragte ihn Kommissar Vincent „das Fragezeichen“ Schuber verwundert.

„Ja. Genau dieses Buch meine ich. Bringen sie es mir bitte, damit ich daraus das Kennwort entnehmen kann. Dann können sie auch die gespeicherten Daten einsehen.“, bestätigte Schubert.

Der neue Kommissar holte, höflich wie er nun einmal war, das LTB hervor und gab es seinem Kollegen. Dieser schlug es auf der Stelle auf und suchte sofort nach der Seite 135. Als er sie nach kürzester Suche fand, begann er sofort damit das lange und ziemlich komplizierte Kennwort einzugeben. Nur damit sein Kollege auf die Daten zugreifen konnte. Besagtes Kennwort war seltsamerweise ziemlich lang, doch Kommissar Schubert hatte es zusammen mit vielen anderen wichtigen Dingen größtenteils in seinem Oberstübchen gespeichert. Und er konnte schon immer sehr schnell abschreiben. Das beinah endlos lange Kennwort hatte ganze 67 Buchstaben und lautete wie folgt:

 

Zorbioparamethylhydorturbopropylpulsobenzoephenyloferrosulnaphtalin

 

„O Gott! Was ist das denn für ein dämliches Kennwort?“, fragte Vincent Schuber seinen Kollegen entsetzt, nachdem er ihm über die Schulter geschaut und dadurch gesehen hatte was genau eingegeben worden war.                       „Das ist ein Kennwort, auf das niemand außer mir jemals kommen würde. Und wenn es doch jemand herausfindet, dann weiß ich das sie geplaudert haben. Aber wie auch immer. Ich werde jetzt erstmal die Daten über unseren Fall auf dem Bildschirm aufrufen, damit sie alle Details Schwarz auf Weiß sehen können. Wie heißt es so schön? Der Teufel steckt im Detail. Und wenn wir ihn nicht finden, dann gewinnt er. Ein uraltes Polizistensprichwort. Aber wie auch immer. Sie werden in die ganze Sache vollständig eingeweiht sein und mir uneingeschränkt zur Hilfe eilen können, wenn ich in unserem Fall mal nicht so weiterkomme, wie ich weiterkommen sollte. Das wird bestimmt niemals passieren, aber sicher ist sicher.“, erklärte Schubert dem Fragezeichen.

Es dauerte nicht lange dem neuen Kommissar die gesamten Daten zu zeigen und ihm alles genau zu erklären. Und nachdem er alles über die in den Fall verwickelten Personen wußte, von denen inzwischen alle außer Melissa Klein alias Susanne Beck tot waren, saßen die beiden wieder in ihrem Büro herum und rätselten über die wenigen ungeklärten Teile des Falles. „Wie hat der Professor sich eigentlich sein vermeintlich wasserdichtes Alibi beschafft? Sie sagten mal das sie eine Theorie hätten, die sie aber aus irgendeinem mir nicht bekannten Grund nicht beweisen könnten. Wie lautet diese Theorie?“, fragte der Fragezeichenmann seinen Partner neugierig.

„Ganz einfach: Er hat meiner Meinung nach einen großen Eisblock benutzt, den er in einer danach spurlos verschwundenen Kühlbox transportiert hat. Er hat Anton Bar ersteinmal mit Klebeband gefesselt und geknebelt und ihn anschließend auf den Eisblock gestellt. Wahrscheinlich war sein Opfer zu diesem Zeitpunkt nicht bei vollem Bewußtsein, da er ihn möglicherweise mit Chloroform betäubt hat. Jedenfalls hat er ihm dann den Strick um den Hals gelegt und da Anton nicht sterben wollte, stand er natürlich so lange wie möglich auf dem schmelzenden Eisblock. In den Duschen der Umkleidekabinen gibt es Abflüsse und nachdem das Eis nach einiger Zeit geschmolzen war, ist es einfach abgeflossen. Das hat in etwa zwei Stunden gedauert und so konnte sich der teuflische Professor sein hieb- und stichfestes Alibi besorgen. Die seltsamen Leute, die ihm das Alibi gaben, wußten natürlich nichts davon.“, erklärte Schubert seinem Kollegen.

Daraufhin fragte ihn Kommissar Schuber:„Und mit was für einer Waffe wurde Professor Thomas Liefers dann von diesen vier Verschwörern ermordet?“

„Das weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Aber wenn wir Melissa Klein irgendwann schnappen, wird sie es uns möglicherweise sagen können. Und wir können uns absolut sicher sein das sie darüber Bescheid weiß, denn wenn sie nicht Bescheid wüßte..., nun ja dann hätte dieser Jack Liefers sie mit Sicherheit nicht einfach so ohne zu zögern entführt und auf seine ganz spezielle Weise verhört, um in seinem Folterkeller die Wahrheit aus ihr herauszukriegen.“, lautete die gut überlegte Antwort des ranghöheren Kommissars, der sich schon ziemlich lange über dieses vermeintlich nebensächliche Detail seine eignen Gedanken gemacht hatte.

„Und wenn wir diese Frau dann irgendwann geschnappt haben? Was genau wird dann mit ihr passieren?“, fragte Vincent seinen Partner als Nächstes (er hatte bei Schuberts Vortrag vor den großen Bossen wohl doch nicht so genau zugehört, wie man es sonst von ihm erwartet hätte. Na ja, es war ja auch ein ziemlich langer Vortrag gewesen).

„Sie wird wahrscheinlich wegen der Mitwisserschaft bei der Ermordung des Professors belangt. Und dann bekommt sie vermutlich eine Menge Ärger wegen der Ermordung ihres Entführers Jack Liefers. Aber das wird das hohe Gericht wahrscheinlich nicht so eng sehen, da sie immerhin von ihm entführt und vielleicht sogar gefoltert wurde. Dennoch bin ich mir sicher, dass sie trotzdem ins Gefängnis kommt. Das werden wir allerdings nur erleben, wenn wir sie irgendwann tatsächlich gefangen nehmen und einsperren können. Wenn wir in einem Überwachungsstaat leben würden, fiele es uns viel leichter sie hinter Schloß und Riegel zu bringen. Sie wissen schon; alles wäre videoüberwacht und überall würden Kontrollen durchgeführt werden. Aber erstens ist es nicht möglich so einen Überwachungsstaat in Mitteleuropa zu erschaffen und zweitens wäre es eine wirklich dumme Idee. Die Gründe dürften sie ja selbst kennen. Und außerdem muss man die Privatsphäre der Menschen irgendwie wahren. Wenn sie den Film „Der Staatsfeind Nummer 1.“ mit Will Smith gesehen haben, dann wissen sie was ich meine. Diesem Mann wurde in diesem Film für kurze Zeit jegliches Recht auf Privatsphäre aberkannt. Und er wurde von den Behörden gnadenlos gejagt.“

Kommissar Schuber ignorierte sicherheitshalber die Rede über den unsinnigen Überwachungsstaat. „Ich frage mich, ob Jack und Thomas Liefers mit dem berühmten Schauspieler Jan Joseph Liefers verwandt sind. Sie haben immerhin denselben Nachnahmen. Ist es möglich das sie vielleicht um ein paar Ecken...“, wollte das Fragezeichen seinen Kollegen fragen, der ihn jedoch sofort unsanft unterbrach, da er genau wußte was ihn dieser ständig etwas fragende Mann jetzt schon wieder fragen wollte.

Also erklärte er seinem Partner:„Nein. Die sind auf jeden Fall nicht miteinander verwandt. Sie haben nur zufällig denselben Nachnamen. Ich habe persönlich überprüft, ob die beiden Mörderbrüder noch irgendwelche lebenden Verwandte haben. Und dabei habe ich herausgefunden das diese beiden Verbrecher die letzten ihrer Sippschaft waren. So kann wenigstens keiner diesen Rachefeldzug fortsetzen. Und deshalb müssen wir uns zum Glück auch nicht mit noch mehr Mordfällen herumschlagen.“

Kommissar Schubert’s Tonfall hatte sich bei dieser Antwort leicht vertieft, da es ihn langsam aber sicher nervte seinem Mitarbeiter alles haargenau erklären zu müssen. Aber sein neuer Kollege hörte einfach nicht auf ihn mit Fragen zu quälen, die Christian Schubert natürlich aus Höflichkeit lückenlos beantwortete. „Wie sind sie eigentlich auf all das gekommen? Wie konnten sie diesen seltsamen Fall lösen?“

„Ganz einfach. Ich halte mich an einen uralten Grundsatz, den es seit Sherlock Holmes Zeiten gibt: Wenn man alles Unmögliche ausschließt, dann ist das was übrig bleibt und sei es auch noch so unwahrscheinlich die reine Wahrheit. Diesen Grundsatz habe ich sofort bei diesem Fall angewendet, als ich mit ein paar anderen Polizisten hinzugezogen worden war. Und dadurch war mir nach kürzester Zeit alles klar. Jeder andere Beamte hätte das auch gekonnt, aber sie haben die Fälle eben nicht so betrachtet wie ich es getan habe. Ich hätte vielleicht ein paar von diesen furchtbaren Morden verhindern können, hätte man mich etwas früher in diese Sache mit einbezogen. Aber sie haben mich erst kurz vor dem Tod von Jack Liefers dazu geholt. Übrigens gehe ich davon aus, dass Jack Liefers älterer Bruder und Frank von Regensburg im Grunde genommen vorhatten einen perfekten Mord zu begehen. So ähnlich wie diese beiden gestörten Typen aus dem Film „Mord nach Plan“. Dafür spricht ihre genaue Planung und die Durchführung der Taten. Alle anderen Morde wurden nicht so geplant. Aber diese beiden Täter hatten sich tatsächlich vorgemacht, dass sie die gesamte Polizei täuschen könnten. Ich dagegen bin der Meinung das es kein perfektes Verbrechen sondern nur naive Beamten gibt. Wenn ein Fall nicht aufgeklärt werden kann, liegt das nicht daran das keine hieb- und stichfesten Beweise vorhanden sind, sondern daran das die zuständigen Polizisten besagte Beweise einfach nicht gefunden haben. Aber eigentlich spielt das ja auch keine Rolle, denn die Pläne der beiden Mörder wurden gewissermaßen durch andere Morde durchkreuzt. Wenn es diese anderen Morde aber nicht gegeben hätte, wäre ich möglicherweise nie zu diesem Fall hinzugezogen worden und man hätte ihn bestimmt zu den ungelösten Akten gelegt. Das wäre dann wohl der sogenannte Schmetterlings- Effekt gewesen. Sie wissen schon was ich damit meine? Nein? Na ja, das bedeutet soviel wie: Wenn ein Schmetterling mit den Flügeln schlägt, löst er auf der anderen Seite der Welt einen Tornado aus. Ein uraltes Sprichwort, das natürlich totaler Unsinn ist. Aber dennoch eine interessantes Sprichwort. Der tiefere Sinn dieses Satzes läßt sich meiner Meinung nach am besten mit Mathematik erklären. Nehmen wir einfach mal eine ganz gewöhnliche Aufgabe: 1+2+3+4+5+6+7+8+9+10=55. Wenn man nun zum Beispiel die erste Zahl gegen irgendeine andere x-beliebige Zahl austauscht, dann ändert sich natürlich nicht nur die gesamte Matheaufgabe, sondern selbstverständlich auch das dazugehörige Ergebnis. Zwar ändert sich das besagte Ergebnis nur geringfügig, aber es ist trotzdem nicht mehr dasselbe. So ist es auch in diesem Mordfall: Hätten bestimmte Ereignisse nicht stattgefunden, wäre mit Sicherheit alles anders gekommen und ich wäre vielleicht nie hinzugezogen worden und die Polizei würde möglicherweise noch immer im Dunkeln tappen. Oh und übrigens; sollten sie sich irgendwie für Krimiserien interessieren in denen die Fälle mit Hilfe von Mathematik gelöst werden, dann sehen sie sich ruhig mal „Numb3rs- Die Logik des Verbrechens“ an. Diese Serie ist wirklich gut. Sie sollten sie sich ruhig mal ansehen und wenn sie sie gesehen haben, wissen sie das ich recht hatte.“, erklärte Schubert seinem Kollegen etwas gestreßt.

Kommissar Christian Schubert hoffte insgeheim darauf, durch seine übermäßig langen Erklärungen seinen Partner dazu zu bringen, dass er ihm weniger nervige Fragen stellte. „Das bedeutet also im Klartext, dass sie diesen ganzen Fall in weniger als 12 Stunden gelöst haben, während über 200 andere Beamte die ganze Sache tagelang bearbeitet haben und trotz all ihren Bemühungen so gut wie keinen einzigen Schritt weitergekommen sind?!“, fragte Kommissar Vincent Schuber seinen neuen Partner neugierig.

Er war wirklich überaus erstaunt über die unglaubliche Genialität und Kombinationsgabe seines neuen Kollegen. „Ja, genau das habe ich getan. Und es war nicht so schwer wie es sich unsere vielen vielen Kollegen vorgestellt hatten. Die meisten von ihnen haben sich wahrscheinlich nichtmal richtig Mühe gegeben diesen Fall zu lösen. Aber verstehen sie mich bitte nicht falsch! Die Leute von der Spurensicherung, die ermittelnden Beamten in jedem einzelnen dieser Mordfälle und die vielen Partner und Assistenten der ermittelnden Beamten haben bestimmt ihr bestes gegeben. Doch der Fall wurde von kaum jemandem als ganzer Fall anerkannt, sondern von fast allen als vier verschiedene Fälle angesehen, weshalb auch vier verschiedene Ermittlungsleiter zuständig waren und auch sonst alles andere viermal da war. Und da sich so viele einzelne Leute mit diesen vier zusammenliegenden Fällen beschäftigten, standen sich fast alle irgendwie gegenseitig im Weg. Dann kam irgendein Genie auf die dumme Idee eine Sonderkommission zu bilden und die anderen machten es natürlich nach, wodurch das Chaos perfekt wurde, da der Personalaufwand noch größer wurde. Der am Anfang fast unlösbarer Fall wurde allerdings mit der Zeit immer leichter und spätestens nach den brutalen Morden an den vier Verschwörern hätte bei irgendwem irgendwie der Groschen fallen müssen. Doch durch die vielen ermittelnden Kollegen wurde alles nur noch komplizierter, weshalb ich einen folgenreichen Entschluß faßte, als ich auch irgendwie hinzugezogen wurde. Es war wirklich ein selten dämlicher Fehler gewesen so viele Leute an einem Fall arbeiten zu lassen, nur weil er nicht als ein Fall anerkannt und verschiedene Leute zu den verschiedenen Tatorten geschickt wurden. Unser System ist alles andere als perfekt, aber es ist immer noch besser als so manch anderes System. Wenigstens das müssen wir dem Polizeiapparat der Bundesrepublik Deutschland zu Gute halten. Aber ich fand das übertriebene Einsetzen von Polizisten in diesem Fall trotzdem vom ersten Augenblick an total bescheuert, weshalb ich mich ruhig hinsetzte und mir alle bekannten Fakten ansah. Und als der Mord an Jack Liefers bekannt gegeben wurde waren alle anderen ziemlich genervt, weshalb ich mir zuerst alle Beweise ansehen und entsprechend kombinieren konnte. Wenn es zufällig irgend jemand anders getan hätte,  dann hätte dieser Andere natürlich auch gewußt das Melissa Klein ihren Entführer ermordet hatte. Aber wer zuerst kommt mahlt eben auch zuerst. Außerdem hätte einem anderen dieses Wissen rein gar nichts genützt, da ihm alle anderen Zusammenhänge nicht bekannt gewesen wären und er deshalb nur einen von vier Fällen zur Hälfte gelöst hätte. Melissa ist ja zur Zeit auf der Flucht und er oder sie wäre dann jetzt wahrscheinlich auf der Jagd nach ihr. Und der Rest des Falles wäre noch immer unaufgeklärt. Und hunderte Leute würden noch immer ihre Zeit verschwenden. Aber da ich mir die vorhandenen Spuren im Fall Jack Liefers gleich als erstes nach der Spurensicherung am Tatort angesehen habe und mir bereits alle anderen Zusammenhänge im großen und ganzen klar waren, hatte ich den Fall im Nu gelöst. Die Ermordung von Anton Bar, die von Professor Liefers, die von den vier Verschwörern und die von Jack Liefers wurden von mir zu einem einzigen großen Fall zusammengeschweißt. Und nachdem ich nach mehreren Stunden endlich zu unseren hochgeschätzten Vorgesetzten vorgedrungen war und fast alle Fragen beantwortet hatte, konnten sich unsere vielen Kollegen wieder mit anderen wichtigen Aufgaben beschäftigen. Ich finde es übrigens ziemlich lästig, dass ich von all diesen vielen Leuten diese leicht erkennbaren Zusammenhänge als einziger gesehen habe. Es nervt mich einfach immer alles erklären zu müssen, nur weil jemand mal wieder etwas nicht kapiert. Und von denen hat auch keiner etwas kapiert. Das Problem ist nämlich, dass die Verbrecher von Jahr zu Jahr immer dümmer, niveauloser und gewalttätiger werden und kaum noch ein gut geplantes Verbrechen begehen. Darauf stellt sich die Polizei natürlich fast 100prozentig ein und verläßt sich nur noch auf ihre Technik und nicht mehr auf ihren Verstand. Die Folgen sind das sie zum Beispiel an Fällen wie diesem hier scheitern und daß selbst wenn die Lösung wie von selbst immer näher gerückt kommt. Unsere Leute haben sich also irgendwie irgendwo verheddert und wir können froh sein das sie wenigstens noch in der Lage sind Vorgänge gegen Geiselnehmer und Einsätze gegen das mehr oder weniger organisierte Verbrechen durchzuziehen. Und das ihnen ein derartig unglaubliches Mißgeschick nochmal passiert ist unwahrscheinlich. Niemand läuft zweimal durch denselben Hundehaufen. Und wenn doch, dann sollten wir anfangen uns ernsthaft Sorgen um die Zukunft dieser Behörde zu machen.“, erklärte C. S., der inzwischen noch genervter von den ständigen Fragereien seines neuen Kollegen war als vorher (im Laufe der Zeit würde er sich schon an besagte Fragen gewöhnen und auch daran sie permanent zu beantworten. Er würde es irgendwann vielleicht sogar richtig toll finden immer alles besser zu wissen als sein Partner, den man ja nicht grundlos „das Fragezeichen“ nannte).

Allerdings hatte Vincent „das Fragezeichen“ Schuber noch eine vorletzte Frage zu diesem Fall an den ranghöheren Kommissar:„Wieso hat Jack Liefers eigentlich keinen Spitznamen bekommen?“

„Wie meinen sie das? Wieso hätte er denn bitte schön einen Spitznamen bekommen sollen?“, antwortete Kommissar Schubert mit einer Gegenfrage.

„Ich wundere mich nur. Jack Liefers war immerhin auf gewisse Weise ein geistesgestörter Serienmörder, weil er auf die selbe Art mehr als zwei Menschen getötet hat. Und meineswissens bekommt jeder durchgeknallte Serienmörder irgendeinen seltsamen Spitznamen.“, erklärte Vincent seinem Kollegen seine eben gestellte Frage.

„Ich denke, die Leute hatten einfach keine Zeit sich einen Spitznamen auszudenken, da alle Morde an einem einzigen Tag begangen wurden. Außerdem könnte man wahrscheinlich stundenlang darüber diskutieren, ob er überhaupt als Serienmörder gilt oder nicht. Er hat meineswissens aus Rache und nicht aus Wahnsinn getötet. Und Serienmörder sind meistens geistesgestörte Irre. Na ja, irgendwie war er ja auch irre. Aber wie auch immer: Ich bin der Meinung daß er ein Serienmörder ist. Aber man könnte wie gesagt stundenlang darüber diskutieren. Doch wenn es ihnen Freude macht, können sie ihm ruhig irgendeinen Spitznamen geben. Wie wär‘s mit Schlitzer- Jack? Oder Jack der Schlitzer? Aber wie auch immer. Es ist nicht wichtig ob er einen Spitznamen hat oder nicht. Es ist nur wichtig das wir ihn erwischt haben. O.K. Wenn wir wirklich pingelig sein wollen, dann hat Melissa ihn im wahrsten Sinne des Wortes erwischt. Aber er wird niemanden mehr umbringen und das zählt schlußendlich.“, erklärte er seinem Kollegen gereizt, wobei ihm die Gereiztheit durch so viele unnötige Fragen selbstverständlich nicht anzumerken war.

Es ging ihm wirklich auf die Nerven alles immer erklären zu müssen, besonders wenn der Fragende sich die Fragen eigentlich selbst beantworten könnte, wenn er sich nur etwas anstrengen würde. „Eine Sache würde mich doch noch interessieren. Ich weiß ja jetzt wieso so viele Leute an diesem Fall gearbeitet haben. Aber wieso sind wir nur zu zweit?“, fragte Vincent neugierig.

„Weil für diese Arbeit auf Dauer nur zwei Leute nötig sind. Genau wie für den Rest des Falles nur zwei intelligente Ermittler nötig gewesen wären..., aber nein die Idioten mussten ja versuchen schlau zu sein. Aber egal. Uns wird alles zur Verfügung gestellt was wir im Laufe der Ermittlungen brauchen. Wirklich alles. Wenn wir zum Beispiel einen Hubschrauber brauchen, dann kriegen wir bestimmt auch einen. Und wenn wir einen Panzer bestellen, dann stellen uns unsere Kollegen wahrscheinlich auch einen zur Verfügung.“, erklärte Christian Schubert seinem Partner gereizt, woraufhin dieser nur nickte und es für einen Moment so aussehen ließ, als wolle er ihn noch etwas fragen.

Doch bevor Kommissar Schubert sich noch mehr unnötig über die ganze Fragerei aufregte, stellte er völlig überrascht fest das sein neuer Kollege keine weiteren Fragen mehr hatte, die er sich eigentlich fast immer selbst hätte beantworten können. Nun hatten die beiden nichts weiter zu tun, als in ihrem gemeinsamen Büro auf einen potentiellen Anruf zu warten, der möglicherweise niemals eintreffen würde. Aber eine innere Stimme sagte Schubert, dass dieser Anruf irgendwann kommen würde. Und wenn es wirklich drauf ankam, konnte sich der gerissene Berliner Kriminalkommissar auf seinen von Gott gegebenen Instinkt (und natürlich auch auf seinen Verstand) völlig verlassen. Also warteten die beiden Kommissare aus der Landeshauptstadt auf einen einzigen Telefonanruf. Was konnten die beiden cleveren Kriminalisten zur Zeit auch anderes tun, als abzuwarten und Tee zu trinken? „Ob unsere hochgeschätzten Kollegen uns wohl eine schöne große Pizza zur Verfügung stellen könnten?“, fragte das Fragezeichen seinen neuen Kollegen plötzlich, der ihn daraufhin verwundert ansah.

„Wenn schon dann zwei Pizzas.“, entgegnete dieser gelassen und begann schnell damit eine ganz bestimmte Telefonnummer zu wählen. 

 

 

Währenddessen hatte Susanne Beck ein geeignetes Kaufhaus gefunden und ihm gegenüber ihren Wagen geparkt. Dann hatte sie ihre große schwarze Tasche, in der sich fast ihr gesamtes Bargeld befand, in den geräumigen Kofferraum ihres geliebten Wagens gelegt. Sie hatte inzwischen nur noch 10.600 Euro in besagter Tasche. Weitere 100 Euro trug sie in bar mit sich rum, um sich im Kaufhaus ohne Probleme das kaufen zu können, was sie gerade haben wollte. Nachdem sie ihren Bargeldbestand überprüft hatte, war sie hineingegangen und hatte damit begonnen nach der Make-up Abteilung zu suchen. Ihr fiel dabei nicht auf, dass sie von einem unauffällig wirkenden Mann im braunen Regenmantel beobachtet wurde. Bei besagtem Mann handelte es sich um Edward Kopier. Und dieser war zufällig der für diesen Laden zuständige Kaufhausdetektiv. Er wußte zwar nicht genau wieso, aber diese hübsche junge Frau mit den langen schwarzen Haaren kam ihm irgendwie bekannt vor, weshalb er sofort in das von jedem Kunden leicht zu findende Büro eines alten Wachmannes marschierte und sie mit seiner Hilfe über die Überwachungsbildschirme weiterverfolgte. „Irgendwoher kenne ich diese Frau. Ich weiß nur leider nicht mehr woher. Verdammt. Es will mir einfach nicht einfallen. Verdammt. Ich muss mich an sie erinnern.“, sagte der Detektiv zum Wachmann, während er verzweifelt versuchte sich wieder an die einzelnen Zusammenhänge zu erinnern.

Dann fiel sein Blick auf eine neben den Überwachungsmonitoren herumliegende Zeitung, auf dessen Titelseite zufällig ein ziemlich neues Foto von der flüchtigen Melissa Klein abgebildet war. Der Kaufhausdetektiv überlegte kurz, sah sich noch einmal die Frau auf dem Bildschirm an und richtete danach erneut seinen Blick auf das Foto. Nun war er hinter das gut gehütete Geheimnis von Melissa Klein alias Susanne Beck gekommen. „Sehen sie sich das mal an! Stellen sie sich die junge Frau auf dem Bildschirm nur mal mit blonden Haaren vor!“, schrie der Detektiv aufgeregt, während er dem alten Wachmann die Zeitung fast ins Gesicht rieb.

„Kann es wirklich sein, dass...?“, fragte sich der alte Wachmann, während Edward Kopier versuchte etwas zu sagen.

Schließlich brachte der Kaufhausdetektiv mit den geschulten Augen die entscheidenden Worte hervor:„Rufen sie sofort die Polizei an. Wir teilen die kleine aber feine Belohnung untereinander auf. Ich werde diese kriminelle Verbrecherin hier und heute in diesem Kaufhaus schnappen. Da das hier mein Zuständigkeitsbereich ist, werde ich bestimmt vom Besitzer befördert und sie möglicherweise auch. Und keine Sorge; dieses kleine Geldpaket auf Beinen wird mir nicht entkommen. Sie wissen ja genauso gut wie ich, dass mir bisher kein Krimineller durch die Lappen gegangen ist. Zumindest keiner der während meiner Dienstzeit unser Kaufhaus betreten hat. Und ich bin mir absolut sicher das sich diese Tatsache heute nicht plötzlich ändern wird. Oh und vergessen sie bitte nicht der Polizei zu erzählen das Melissa Klein jetzt schwarze Haare hat. Nur damit keine Mißverständnisse entstehen und sie uns vielleicht doch noch irgendwie durch die Lappen geht.“

Der Kaufhausdetektiv rannte blitzschnell aus dem kleinen Überwachungsraum heraus, während der alte Wachmann mit seinem Handy die Wolfsburger Polizei anrief. Und die riefen kurz nach seinem Anruf Kommissar Schubert auf seiner freien Leitung an und beschrieben ihm, wie Melissa zur Zeit aussah (schwarze Haare und so) und wo sie sich befand. Im Wolfsburger Polizeihauptquartier brach wegen Melissas Anwesenheit ein heilloser Aufstand aus, von dem das Revier in Berlin ebenfalls angesteckt wurde. Die Wolfsburger Polizei schickte natürlich sofort mehrere Streifenwagen zum in der Innenstadt liegenden Kaufhaus. Die Kommissare Schubert und Schuber wurden währenddessen in Berlin in einen vom Militär entworfenen Polizeihubschrauber verfrachtet, der sie mit absoluter Höchstgeschwindigkeit in die legendäre Stadt der Wölfe fliegen sollte. Diese Maschine wurde der Polizei extra für Situationen wie diese zur Verfügung gestellt. Und da Schubert und Schuber sie gerade als einzige brauchten, bekamen sie sie natürlich auch. Selbstverständlich nahm Schubert seinen tragbaren Laptop mit, um in Wolfsburg nach der Festnahme von Melissa Klein sofort seinen Bericht schreiben zu können (sein altmodisches Handy mit der freien Leitung nahm er zur Sicherheit natürlich auch noch mit, da man ja bekanntlich nie wissen kann, was im Laufe der Zeit noch unvorhergesehenes passieren kann oder könnte).

 

 

Zur selben Zeit begann der langjährige Kaufhausdetektiv sich unauffällig von hinten an die flüchtige Susanne Beck heranzuschleichen, um sie genau im richtigen Moment zu erwischen. Während er das vorsichtig tat, probierte die flüchtige Verbrecherin gerade eine hellbraune Haarperücke an, die ihr aus irgendeinem Grund wirklich gut gefiel. Kurz nachdem sie diese auf ihrem Kopf befestigt hatte, bemerkte sie durch einen zufälligen Blick in einen großen Wandspiegel den hinter ihr herumschleichenden Kaufhausdetektiv, weshalb sie genau in dem Moment zur Seite springen konnte, in dem dieser gerade versuchte sie von hinten zu packen. Edward Kopier griff daneben und Susanne begann damit so schnell wie sie konnte vor ihm wegzurennen. „Bleib stehen!“, rief er, doch sie ignorierte seinen Ruf und rannte einfach weiter.

Der flinke und wendige Kaufhausdetektiv versuchte sie nach besten Kräften durch sein enorm großes Revier zu verfolgen. Doch Susanne Beck war schon immer eine ziemlich schnelle Sprinterin gewesen, die einen Verfolger bisher fast immer mit Leichtigkeit abhängen konnte. Das alles und noch vieles mehr hatte sie während der langen und furchtbar anstrengenden Zeit gelernt, als sie sich das viele Bargeld für ihren geliebten Wagen zusammen geklaut hatte. Sie würde es ihrem flinken Verfolger also während dieser Hetzjagd nicht allzu leicht machen, denn schließlich hatte sie überhaupt nichts für irgendwelche dreckigen und brutalen Gefängnisse übrig, in denen sie dann nach ihrer möglichen Festnahme bestimmt etliche Jahre ihres noch sehr lange andauernden Lebens verbringen würde. Aber das konnte ihr weiß Gott wirklich niemand verübeln. Denn welcher selten dämliche Vollidiot geht schon freiwillig für mehrere Jahre ins Kittchen, nur um sich dort von seinen Mitgefangenen permanent fertig machen zu lassen? Niemand dessen fünf Sinne richtig funktionieren würde das freiwillig mitmachen. Es sei denn... Na ja, es gibt da vielleicht schon den ein oder anderen halbwegs vernünftigen Grund das mitzumachen. Aber das ist im Grunde genommen eine andere Geschichte (außerdem fällt mir ehrlich gesagt gerade kein vernünftiger Grund ein). 

 

 

Dies ist eine kostenlose Homepage erstellt mit hPage.com.